Sevilla ist für mich der Inbegriff Spaniens – die heiße Sonne Andalusiens, die bittere Süße der Orangen, stolze Flamencotänzerinnen und jahrtausendealte Monumente unterschiedlicher Kulturen.
Die viertgrößte Stadt Spaniens liegt am Zungenbrecher-Fluss Guadalquivir. Größere Kreuzfahrtschiffe halten in Cadiz und befördern ihre Gäste in Bussen über die Steppe nach Sevilla. Kleinere können auf dem grünen Wasser tatsächlich vom Atlantik bis vor die Tore der Stadt fahren. Am Ufer stehen Dattelpalmen und weißgetünchte Häuser.
Auf der Altstadtseite des Flusses grüßt der Torre del Oro, der Goldturm. Einst hatte er ein Pendant auf der anderen Uferseite und zwischen ihnen hing eine massive Kette – zur Abwehr gegen Piratenschiffe. Von dem Wachturm hat man einen wunderbaren Blick über Sevilla. Das Stadtpanorama ist geprägt vom grauen Stein der größten gotischen Kathedrale der Welt. Daneben ragt der Glockenturm La Giralda 90 Meter in den Himmel. Er war das Minarett einer Moschee. Heute beherbergt er ebenfalls eine Aussichtsplattform.
Spanien fühlte sich im Vergleich zu Marokko sicher und heimatlich an. Die Plaza de España wirkte vertraut, obwohl Julie noch nie hier gewesen war. Prächtig geschmückte Kutschen warteten auf Fahrgäste, an den Souvenirständen wurden Kühlschrankmagneten von Flamencotänzerinnen feilgeboten. Die Kameras der Gäste klickten im Akkord.
„In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts anlässlich der Iberoamerikanischen Ausstellung erbaut, beeindruckt der Platz noch heute alle Besucher. Die Gebäude stehen in einem zweihundert Meter großen Halbkreis, der sich in Richtung Guadalquivir öffnet – ein Bild für den Weg, dem man folgen muss, um nach Amerika zu gelangen. Werfen Sie einen Blick auf die wunderschönen Kachelornamente an den Wänden der Gebäude, sie stehen für die achtundvierzig spanischen Provinzen.“
Julie war inzwischen ganz in ihrer Rolle als Reiseleiterin angekommen. Sie genoss die Blicke, die auf ihr ruhten und der verheißungsvolle Abend mit Sergey hatte ihr gutgetan.
aus: Zwischen Meer und Sternen von Jennifer Summer
Der Alcázar von Sevilla
Die Spuren der Geschichte bilden in Sevilla ein faszinierendes Patchwork. Besonders eindrucksvoll zeigt sich dieses im Real Alcázar, dem mittelalterlichen Königspalast. Einst als maurisches Fort angelegt, wurde die Anlage immer wieder umgebaut und erweitert. Die muslimische Berber-Dynastie der Almohaden errichteten hier den Al-Muwarrak, einige Zeugnisse dieser Zeit sind noch heute zu sehen.
Im 13. Jahrhundert überformten die Kastilier die Räume für eine königliche Nutzung. Die größte Veränderung kam jedoch mit König Peter I. Mudéjar-Architektur traf auf gotische Stilelemente. Christliche auf islamische Symbolik: Im Thronsaal von Don Pedro I. prangt ein sternenförmiges Stalaktitengewölbe, das so typisch für die islamische Architektur ist. Und manche Fliesenmuster können die Archäologen bis heute nicht nachvollziehen.
Im Inneren des Palasts wandert man durch die Jahrhunderte und lässt sich von geheimnisvollen Namen verzaubern: die Halle der verloren Schritte, das Tor der Priviligierten, der Springbrunnen des Ruhms … Und dann erst die Gärten: Die Zitronenbäume im Garten des Prinzen kamen bereits in der muslimischen Ära nach Sevilla. Die älteste Bitterorange soll Don Pedro schon vor 600 Jahren nahe es Pavillons Carlos V gepflanzt haben.
Auch wenn man einen ganzen Tag in der Alcázar verbringen sollte, so müssen Kreuzfahrtgäste doch weiterziehen. Vielleicht kauft man in der Herbolario ein paar frische Gewürze und ein Baguette mit Iberico-Schinken, oder man probiert die berühmte kalte Tomatensuppe, wie die Protagonistin meines aktuellen Romans. Im Lokal trifft sie auf den VIP-Gast Jacques Batin:
„Dazu gehört ein Glas Orangenwein“, hörte Julie eine männliche Stimme sagen. Ohne rollendes R. Sie sah sich um. Batin näherte sich ihrem Tisch.
„Ach, hallo, was machen Sie denn hier?“
„Dasselbe wie Sie? Ich genieße die schönen Seiten Sevillas.“
„Ja, nein, natürlich. Aber ich habe Sie hier nicht erwartet, weil Sie nicht in der Ausflugsgruppe waren.“
„Ich habe doch in Marokko angekündigt, nie wieder einen Ausflug zu buchen. Allein erlebt man viel interessantere Dinge.“ Er lächelte sie an. „Darf ich mich setzen?“ Ohne ihre Antwort abzuwarten, rückte Batin sich einen Stuhl zurecht.
Julie blickte auf die Uhr. „Ich muss aber gleich los.“
„Vorher sollten Sie noch den Orangenwein probieren, sonst entgeht Ihnen etwas.“
aus: Zwischen Meer und Sternen von Jennifer Summer
Mein Tipp für Sevilla: Das Hospital de los Venerables Centro Velázquez
Wer zwischen all den Eindrücken Sevillas einmal durchatmen möchte, für den ist ein Besuch des ehemaligen Rückzugsortes für Priester genau das richtige. In dem Gebäude aus dem 16. Jahrhundert sitzt die Kulturstiftung Fundación Focus-Abengoa. Mitten in der Altstadt umfängt den Besucher Stille und Kühle in einem wunderschönen Innenhof mit Springbrunnen, der durch helles Tuch beschattet wird. Im Obergeschoss befinden sich Werke von Diego Velázsquez und Francisco de Herrera, dem Älteren.
Hier gibt es mehr Informationen zu meinem Reiseroman „Zwischen Meer und Sternen“, der unter anderem nach Sevilla führt. Möchtest du bei der Veröffentlichungsparty dabei sein? Dann folge mir gern auf Facebook und abonniere www.facebook.com/jennifersreiseromane. Ich freue mich auf dich!