Ein Raunen geht durch den Raum. Line muss gerade etwas Interessantes gesagt haben. Nur leider haben wir es nicht verstanden, denn wir sprechen kein Norwegisch. Gespannt schauen wir auf den Vorspeisenteller vor uns. Unterschiedliche Sorten Fisch und Fleisch sind zu erkennen. Aber was ist was? Schließlich kommt Line zu uns und erklärt es uns auf Englisch. Wir dürfen an diesem wundervollen Spezialitätenabend in Venabu fermentierten Rakkfisk probieren, wie er traditionell an Weihnachten serviert wird: in dünnen Kartoffelröllchen und mit Sauerrahm und Zwiebeln. Was ich für Lachs gehalten habe, ist eine geräucherte Bergforelle aus dem See, an dem unser Wohnmobil jetzt steht. Es gibt eine Paté vom Moschusochsen und Filet vom Rentier. Eigentlich essen wir kaum Fleisch, aber das müssen wir nun doch einmal probieren.

Rondane ist eine der wenigen Regionen Norwegens, in denen noch wilde Rentiere leben. Keine domestizierten Herden wie weiter im Norden bei den Samen. Auch Braunbären, Vielfraße und Moschusochsen kann man hier mit etwas Glück beobachten. „Unser Hausmeister ist ein passionierter Jäger. Er legt viel Wert darauf, die Tiere nicht zu stressen“, erklärt Line. Die Rentierbestände waren in den 1960er-Jahren durch intensive Bejagung bis auf wenige Hundert Tiere geschrumpft, aber inzwischen wird die Population bei rund 3.000 Exemplaren im Nationalpark gehalten. „Sie stehen immer noch unter Schutz und es wird nur eine begrenzte Anzahl geschossen. Im Winter dürfen die Autofahrer im Nationalpark nicht anhalten, um Ski zu fahren, damit die Herden nicht gestört werden.“ 

Line ist ein Paradebeispiel für die norwegische Lust am Leben unter freiem Himmel. Die drahtige Hotelchefin ist bereits mit dem Fahrrad bis nach Indien gefahren und hat auch dort eine kleine Pension geführt. Doch ihre Heimatverbundenheit führte sie nach drei Jahren wieder nach Norwegen zurück. Es fällt nicht schwer, die Liebe zu ihrem Hof nachzuvollziehen. Am nächsten Morgen wachen wir sprichwörtlich in den Wolken auf. Für einen kurzen Moment scheint die Sonne auf den See Fiskeløysa, in dem sich die Berge spiegeln. Doch keine zwei Minuten später sieht man kaum noch die Hand vor Augen. Fasziniert beobachten wir das Spiel der Wolken mit Wasser und Bergen. 

Den Großteil der Fahrt durch den Nationalpark haben wir am Tag zuvor zurückgelegt. Die Birken hatten zum ersten Mal auf unserer Reise ihr buntes Herbstkleid bereits abgelegt und reckten ihre nackten Zweige ein wenig unheimlich in die verwunschene Moorlandschaft. Gelb-grüne Flechten bedeckten den Boden und mächtige Berge rahmten die Abendstimmung am Horizont. Eigentlich wollten wir gern hier draußen übernachten, die Natur noch einmal inhalieren, bevor wir uns auf den Heimweg machen mussten. Doch andererseits wollten wir auch unseren Hochzeitstag ein wenig zelebrieren, indem wir essen gehen. „Wäre es nicht schön, wenn hier draußen im Nirgendwo ein Hotel wäre?“, sagte einer von uns. Und dann war da draußen im Nirgendwo das Venabu Fjellhotel mit seinem wunderbaren Spezialitätenmenü. Manchmal muss man Wünsche eben nur aussprechen, damit sie wahr werden. 

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