Gibraltar ist ein Land, das man innerhalb eines Tages bequem zu Fuß durchqueren kann – gerade mal 6,5 Quadratkilometer ist Gibraltar groß. Der kleine Zipfel im äußersten Süden Spaniens ist begehrt: Spanien und Großbritannien streiten sich seit Jahrhunderten um Rechte und Grenzen – jüngst wurde es durch den Brexit sogar noch komplizierter. Die Briten sind aus der EU ausgetreten, Gibraltar darf bleiben – so wurde es kurz vor dem letzten Jahreswechsel entschieden. Die Bewohner Gibraltars atmen auf – sie waren gegen einen Austritt, der sie isoliert hätte.

Doch was bietet Gibraltar seinen Besuchern? Aus der Ferne scheint das Land ausschließlich aus einem massiven Kalksteinfelsen zu bestehen: Der Upper Rock ist etwa vier Kilometer lang bis zu 1,2 Kilometer breit. Am höchsten Punkt ragt er 426 Meter in den Himmel, kein Wunder, dass er im Altertum als eine der beiden Säulen des Herakles galt. Hier war die bekannte Welt zu Ende.

„Wir fahren gerade über das Ende der Welt hinaus“, sagte Sergey in die Stille.
„Und nun?“, fragte Julie.
„Nun wird alles möglich“, erwiderte Sergey, drehte sich um und ging.
Julie sah ihm ungläubig hinterher. Seine Anspielung auf die Säulen des Herakles gefiel ihr. Der Mann sah nicht nur gut aus, er schien auch etwas im Kopf zu haben.

„Non plus ultra“ stand laut der Mythologie über diesem Ort, „nicht mehr weiter“.
Dieser Mann war eindeutig ein „Non plus ultra“.

aus: „Zwischen Meer und Sternen“ von Jennifer Summer

Die meisten Touristen wählen den bequemen Weg zur 387 Meter hohen Aussichtsplattform auf dem Upper Rock: Die Seilbahn startet am Ende der Fußgängerzone. Oben warten ein atemberaubender Ausblick und die Makaken. Die Berberaffen sind laut Wikipedia „außer dem Menschen die einzige freilebende Primatenart Europas“ (schöne Formulierung!). Ihnen verdankt Gibraltar auch den abfälligen Spitznamen Affenfelsen. Gut ausgebaute Wanderwege laden zum Spaziergang ein: 

Julie startete in Richtung Süden. Schnell wurde es einsam. Für einen Naturpark lag erschreckend viel Müll in den Hängen herum. Über die Mediterranean Steps gelangte sie vom höchsten Punkt der Insel hinab zum Europa Point. Immer wieder hielt sie inne, um Fotos vom Leuchtturm zu machen. Ein gelber Falter umflatterte sie, auf dem warmen Stein sonnte sich ein Gecko. Der Duft von Lavendel lag in der Luft.

aus: „Zwischen Meer und Sternen“ von Jennifer Summer

Auf dem Rückweg von der Südspitze des Landes wartet die bunt illuminierte Tropfsteinhöhle St. Michael’s Cave auf Besucher. Sie ist Teil des Gorham-Höhlenkomplexes, in dem die letzten Neanderthaler Europas gelebt haben sollen. Außerdem können Verteidigungsanlagen aus dem 18. Jahrhundert (Great Siege Tunnels) und aus dem Zweiten Weltkrieg besichtigt werden. Und das Moorish Castle entführt seine Besucher ins Mittelalter.

Mein Tipp: Der Europa Point 

Ein Leuchtturm wacht über den Ort, an dem die muslimische Eroberung der iberischen Halbinsel 711 begann. Bei gutem Wetter kann man bis nach Marokko sehen. Neben diesem fantastischen Ausblick über die Straße von Gibraltar hat mich vor allem eines an der südlichsten Spitze Gibraltars fasziniert: Alle drei Weltreligionen sind hier vereint. Die Kirche „Heiligtum Unserer Lieben Frau von Europa“ – erbaut auf den Resten eine Moschee – steht friedlich neben der Ibrahim-al-Ibrahin-Moschee, nicht weit entfernt liegt ein großer jüdischer Friedhof. Wenn es doch überall auf der Welt so einfach wäre …

Gibraltar ist die zweite Station auf der zweiten Reise von Julie, die im März 2021 bei Amazon erscheint. Wenn du mehr über das Buch erfahren möchtest, trage dich jetzt in meinen Newsletter ein und ich halte dich auf dem Laufenden.